Staatstheater Meiningen
Menü Tickets

Händels „Messias“ – Religion und Theater treffen aufeinander

Modell von Bühnenbildner Michael Lindner© Christina Iberl
Modell von Bühnenbildner Michael Lindner

Georg Friedrich Händels „Messias“ – Religion und Theater treffen aufeinander

Liebes Publikum,

 „Messias“ machte den gebürtigen Hallenser weltberühmt! Und das, obwohl – oder gerade weil – sich das Werk grundlegend von der Konzeption seiner anderen Oratorien unterscheidet: Es ist eine Kompilation aus verschiedenen Bibeltexten zur Verheißung, Geburt, Passion und Auferstehung Jesu Christi, allerdings ohne durchgehende Handlung. Mit großem Erfolg am 24. April 1742 in der Dubliner New Music Hall uraufgeführt und ursprünglich in Konzert- und Theaterhäusern gespielt, ist der „Messias“ heute nur selten auf der Opernbühne zu sehen. In Meiningen wagt sich Johannes Pölzgutter an eine szenische Umsetzung und führt vier Hilfe- und Schutzsuchende zusammen, die alle für sich das Evangelium anders auffassen. Premiere ist am 21. und 23. April 2023 im Großen Haus.


In der Geschichte des christlichen Glaubens belegen Kirchenstreitigkeiten und -reformen das Konfliktpotential unterschiedlicher Auslegungen der Bibel. So ist es nicht verwunderlich, dass die Aufführungsgeschichte eines Oratoriums über das Leben und Leiden Jesu Christi ebenfalls zu Diskussionen anregen könnte. Obwohl der protestantische Händel mit seiner Komposition der von Charles Jennens zusammengestellten Bibelworte sicherlich nichts Ketzerisches im Sinn hatte, wurde seine musikalische, teils opernähnliche Ausdeutung des Textes als blasphemisch bezeichnet. Und zwar von seinem Librettisten Jennens, einem englischen Mäzen und zutiefst gläubigen Anhänger der ursprünglichen Church of England, höchstselbst. Dieser verehrte Händel zunächst und war überzeugt, der Komponist könne den Inhalt seiner Texte bestmöglich in Musik setzen. So schenkte er ihm 1741 nach „Saul“ (1738) und „L’Allegro, il Penseroso ed il Moderato“ (1740) den Text zum „Messias“. Trotz der erfolgreichen Dubliner Uraufführung fiel das Werk am 19. März 1743 im Londoner Covent Garden Theatre durch und enttäuschte den Autor. Die Aufführung eines geistlichen Werkes im Theater wurde gleichfalls von Teilen des Publikums bemängelt, auch wenn dies damals gängige Praxis war. Doch schon bald wandelte sich das Bild auf den „Messias“. Ab 1750 wurde er jährlich in der Osterzeit zu karitativen Zwecken im Foundling Hospital (London) aufgeführt und bald zum Inbegriff der Gattung Oratorium. Bis heute ist es eines der meistaufgeführten geistlichen Werke überhaupt.
In der Gegenwart entdecken Opernhäuser vermehrt das szenische Potential dieses Oratoriums wieder. Nach Klaus Guth im Theater an der Wien (2009), Robert Wilson bei der Mozartwoche in Salzburg (2020) und weiteren szenischen Herangehensweisen, widmet sich Regisseur Johannes Pölzgutter dem Händelschen „Messias“. Zusammen mit Bühnenbildner Michael Lindner und Kostümbildnerin Katharina Heistinger zeigt er eine Situation, in der eine Gruppe Schutzsuchender aufeinandertrifft. Ihre unterschiedlichen Auffassungen der christlichen Schrift führen zu Streitigkeiten, doch der Glaube verbindet sie. In religiöser Vorstellungswelt erlebt die Sopranistin Geburt und Passion des Messias. Auch körperliche Vergänglichkeit und geistige Auferstehung werden nicht nur besungen, sondern ebenso visuell durch das Wiedererstarken der Natur in scheinbar unfruchtbarer Umgebung sichtbar. Bühnenbildner Michael Lindner entführt in eine Welt sakraler Kunst und neben der Kleidung notleidender Menschen wartet Katharina Heistinger mit Kostümen auf, die von originalen historischen Kirchengewändern inspiriert sind.
Die solistischen Partien werden von Sara-Maria Saalmann, Marianne Schechtel, Rafael Helbig-Kostka und Johannes Mooser gesungen.

Julia Terwald, Musiktheaterdramaturgin

„Messias“
szenische Aufführung, Oratorium von Georg Friedrich Händel, Bibeltexte in einer Zusammenstellung von Charles Jennens
Musikalische Leitung: Andrea Marchiol · Regie: Johannes Pölzgutter · Bühne: Michael Lindner · Kostüme: Katharina Heistinger · Chor: Manuel Bethe · Dramaturgie: Julia Terwald · mit: Sara-Maria Saalmann, Marianne Schechtel; Rafael Helbig-Kostka, Johannes Mooser · Chor des Staatstheaters Meiningen · Es spielt die Meininger Hofkapelle.

Infos und Tickets