Infotainment und Entertainment zugleich: die „Riemannoper“
Eine Reise in die Welt der Oper
Haben Sie sich schon immer gefragt, was eine „Primadonna assoluta“ von der einfachen „Primadonna“ unterscheidet? Oder ob Tenor und Bariton in jeder Oper Konkurrenten um die Gunst der Damen sind? Was ist eigentlich der Unterschied zwischen einer „Aria di bravura“ und einer „Aria parlante“? Vor der Entwicklung von Suchmaschinen oder gar ChatGPT hat der geneigte Musikfreund auf der Suche nach Antwort auf solche Fragen Hugo Riemanns „Musiklexikon“ zur Hand genommen. Das 1882 veröffentlichte Nachschlagewerk des großen deutschen Musiktheoretikers und -historikers ist bis heute das Standardwerk schlechthin. Die 2012 erschienene aktuelle Ausgabe umfasst 9.400 Sach- und Personenartikeln aus der Musiktheorie und -praxis sowie Literatur- und Werkverzeichnisse. Der im Dezember 2024 verstorbene amerikanische Komponist Tom Johnson hat 1988 Hugo Riemanns Musiklexikon selbst zum Gegenstand einer Oper gemacht. Das Libretto seiner Oper besteht aus Einträgen, Begriffsbestimmungen und formelhaften Wendungen, wie sie typisch für ein Nachschlagewerk sind.
Die Sänger agieren nicht als Figuren, sondern als Sprecher eines Systems. Sie verkörpern keine Emotionen, sondern tragen Wissen vor. Dadurch entsteht ein Musiktheater ohne Drama, in dem der Akt des Ordnens selbst zur Handlung wird. Die „Riemannoper“ hat einen trockenen, oft subtilen Humor. Die scheinbare Nüchternheit der lexikalischen Sprache wird auf der Bühne ausgestellt und dadurch ironisiert. Was auf den ersten Blick sehr theoretisch wirkt, schafft in der konkreten Umsetzung einen großen kreativen Freiraum für alle Beteiligten.
Die junge Regisseurin Freya Gölitz zeigt nach „Hexe Hillary geht in die Oper“ am Staatstheater Meiningen mit „Riemannoper“ ihre zweite Inszenierung. In der Ausstattung von Linda Siegismund (Bühne) und Zoé Wagner (Kostüme) nimmt sie das Publikum mit auf eine Urlaubsreise in die Welt der Musik und ihrer Interpreten. Virginia Breitenstein leitet den Abend musikalisch vom Flügel aus und ist immer wieder auch Fixpunkt der Handlung.
Die Inszenierung spielt mit Klischees über Opernsängerinnen und -sänger und die Realität des Theaterlebens und schafft durch die Spielfreude von Lubov Karetnikova, Tamta Tarielashvili, Mark Hightower und Stan Meus einen Opernabend für Musikfreunde und alle, die es werden wollen.
Dr. Bernhard F. Loges, Musiktheaterdramaturg
Riemannoper
Oper von Tom Johnson
Musikalische Leitung, Klavier: Virginia Breitenstein • Regie: Freya Gölitz • Bühne: Linda Siegismund • Kostüme: Zoé Wagner • Dramaturgie: Bernhard F. Loges
mit: Lubov Karetnikova, Tamta Tarielashvili, Stan Meus, Mark Hightower
Premiere: Fr, 09.01.2026, 19.30 Uhr – Kammerspiele
weitere Termine: 16.01. + 21.02.2026, jeweils 19.30 Uhr