„Mein Mann geht fremd!“ Henriette Hörnigk inszeniert Georges Feydeaus Komödie „Floh im Ohr“
2024 wurde Regisseurin Henriette Hörnigk für „Amadeus“ mit der „Inszenierung des Jahres“ unseres Theaterfördervereins ausgezeichnet und schon bald kommt die nächste Inszenierung von ihr auf die Meininger Bühne: Im gewürdigten Stück drehte die Regisseurin einfach die Bühne um und verlegte das Spiel in den Zuschauersaal, jetzt verwandelt sie die Bühne in eine riesige Musical-Spielwiese für „Beinahe-Verrückte“. Denn Verliebte kann man schon mal verrückt nennen. Auf alle Fälle können sie vor Liebe und Eifersucht schon mal blind sein!
Und so setzt ihnen Henriette Hörnigk einen Floh ins Ohr. Das französische Boulevard-Stück wurde vor knapp 119 Jahren in Paris uraufgeführt und sein Autor, Georges Feydeau, war nicht nur ein Zeitgenosse unseres Theaterherzogs, sondern auch ein äußerst erfolgreicher Vertreter leichter Komödien und der Farce. Seine Stücke zeichnen sich durch Schnelligkeit, Irrungen und Wirrungen aus. Oft führt er kleinbürgerliche Ehepaare und ihre sozialen Mechanismen vor und entlarvt dabei die Pseudomoral. Seine Werke zeichnet ein satirischer Blick auf das Bürgertum aus. Es scheint so, als ob er diesen von seinem Vater geerbt hat. Der Romanautor Ernest Feydeau schrieb den damals sehr beliebten Sittenroman „Fanny“. Die titelgebende Fanny liebt eher ihren zehn Jahre jüngeren Liebhaber Robert als ihren Ehemann. Robert, der Protagonist des Romans, beschreibt aus seiner eifersüchtigen Perspektive die erotischen Erlebnisse mit seiner großen Liebe Fanny. Denn Robert und Fanny sind verheiratet, aber nicht miteinander. Ernest Feydeau beschreibt seine unerfüllte Hoffnung, die zur schrecklichen Eifersucht auf Fannys Ehemann führt. Hier gibt es vielerlei Motive, die sich ebenfalls in der Komödie seines Sohnes, „Floh im Ohr“, wiederfinden lassen.
Georges Feydeau versteht es meisterlich, komische Momente auf der Theaterbühne zu arrangieren. Der Autor bringt seine Figuren in erotisch-verfängliche Situationen, in denen sie ertappt werden. Jede Figur versucht dann, das Mutmaßliche zu vertuschen. Es entsteht ein undurchsichtiges „Geknäule“ aus Informationen, die für jeden Beteiligten einen anderen Abgrund öffnen. Der Zuschauer ist stellenweise so verwirrt, dass ihm nur übrig bleibt, herzhaft zu lachen. Denn manchmal droht das Gefühl die Oberhand zu gewinnen, dass einem der Faden verloren geht. Jedoch versteht sich der Theaterautor hervorragend darin, am Ende alle Fäden wiederaufzunehmen, um schließlich sein Gesellschaftsgemälde zu Ende zu zeichnen.
Feydeaus Komödien sind irrsinnig schnell, unübersichtlich, chaotisch und zum Schreien komisch! Hörnigks pointierte Regie und ihre Liebe zur Musik, werden nicht nur ihre Herzen zum Tanzen bringen.
Zum Stück: Ein fehlinterpretierter Päckcheninhalt führt dazu, dass eine treue Ehefrau einen völlig fremden Mann küsst, ein Page ständig Prügel bezieht und sich stetig, unaufgefordert ein Bett dreht. Es sitzt offensichtlich ein Floh im Ohr von Madame Chandebise! Das Hotel mit dem zwielichtigen Namen „Zur zärtlichen Miezekatze“ schickte ihrem Ehemann seine Hosenträger und ihr ist sofort klar: Ihr Mann geht fremd! Sie verschwört sich mit ihrer Freundin Lucienne, die beiden fingieren ein Rendezvous in dem vermeintlichen Liebesnest, um den Ehebrecher in flagranti zu überführen. Unterdessen sieht der Klient ihres Mannes den verfänglichen Liebesbrief, der wiederum die Handschrift seiner Frau erkennt. Rasend vor Eifersucht sucht der Spanier ebenfalls das Hotel „Zur zärtlichen Miezekatze“ auf, um seine Frau und ihren Liebhaber umzubringen. Dieses Unheil will Chandebise verhindern und schickt seinen Neffen Camille, um die Beteiligten zu warnen. Aufgrund seiner Konsonantenschwäche bleibt die Wahrheit allerdings ungehört. Als wäre das alles nicht genug: Monsieur Chandebise und der Hoteldiener Poche gleichen sich wie ein Ei dem anderen, was mit seinem persönlichen Auftauchen im Hotel zu schmerzhaften Schlägen führt.
Die Inszenierung lebt von einem rasanten Wechsel der Szenen und einem pointierten Zusammenspiel des gesamten Ensembles. Besonders die musikalischen Einlagen verleihen der Komödie einen frischen, modernen Anstrich und machen aus „Floh im Ohr“ ein unterhaltsames Bühnenereignis, das das Publikum immer wieder aufs Neue überrascht.
Katja Stoppa, Schauspieldramaturgin
„Floh im Ohr“
Komödie von Georges Feydeau
Deutsch von Elfriede Jelinek
Regie: Henriette Hörnigk • Bühne: Christian Rinke • Kostüme: Susanne Cholet • Sound: Bernd Bradler • Dramaturgie: Katja Stoppa
mit: Noemi Clerc, Louise Debatin, Mia Antonia Dressler, Ulrike Knobloch, Christine Zart; Gunnar Blume, David Gerlach, Florian Graf, Matthis Heinrich, Leonard Pfeiffer, Paul Maximilian Schulze, Rico Strempel, Erik Studte, John Wesley Zielmann
Premiere: FR, 16.01.2026, 19.30 Uhr – Großes Haus
weitere Termine: 23.01., 08.02., 14.02., 16.02. (Joker-Vorstellung), 19.02., 22.03., 11.04., 16.04., 27.05.2026
Matinee: SO, 11.01.2026, 11.15 Uhr – Foyer Großes Haus, Eintritt frei