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Tanz auf dem Vulkan | Walzergenuss mit Zwischentönen: „Die Csárdásfürstin“

Figurine
© Christina Iberl
Figurine "Feri" von Kostümbildnerin Uschi Haug

Emmerich Kálmáns (1882–1953) „Die Csárdásfürstin“ ist eine der beliebtesten Operetten überhaupt, deren Schlager wie „Die Mädis vom Chantant“, „Ganz ohne Weiber geht die Chose nicht“ oder „Jaj mamám“ sie unsterblich machten. In die schmissigen ungarischen Csárdásrhythmen und die fröhliche Wiener Walzerseligkeit mischen sich bei Kálmán aber auch immer wieder tragische Zwischentöne.

Der Revuestar Sylva Varescu liebt den Wiener Fürstensohn Edwin von und zu Lippert-Weylersheim, dem es untersagt ist, diese unstandesgemäße Liaison einzugehen. Sylva erhofft sich eine feierliche Hochzeit mit Edwin und ein gemeinsames bürgerliches Leben, doch weiß sie von Anfang an, dass sie am Standesunterschied scheitern muss. In keiner anderen Operette liegen die Höhenflüge der Liebe und ihre tiefste Enttäuschung sowie auch die Intimität der Gefühle und ihre Bloßstellung so beieinander wie in der „Csárdásfürstin“. In Sylvas großem Auftrittslied „Heia, in den Bergen ist mein Heimatland“ – einer Varieténummer, die sie für großes Publikum singt – ist der Text von der Echtheit ihrer Gefühle geprägt: „Wenn ein Siebenbürger Mädel sich in dich verliebt, nicht zum Spielen, nicht zum Scherzen sie ihr Herz dir gibt. Willst du dir die Zeit vertreiben, such’ ein and’res Schätzelein.“ Die Chansonnette warnt die Männer davor, mit ihr zu spielen, verbirgt ihre Verwundbarkeit hinter scheinbarer Oberflächlichkeit und Heiterkeit, wie auch Kálmán die tragischen Zwischentöne seiner Operette in süße Melodien und schmissige ungarische und Wiener Rhythmen einhüllt.

In den 1920er-Jahren war Emmerich Kálmán der meistgespielte Operettenkomponist seiner Zeit. Allein „Die Csárdásfürstin“ wurde nach ihrer Uraufführung am 17. November 1915 bis zur Machtübernahme der Nationalsozialisten 30.000-mal (Berechnung des Biographen Hans Arnold) aufgeführt und war damit eine der erfolgreichsten Operetten ihrer Zeit. In der NS-Zeit wich die in den 1920er-Jahren aktuelle, frivole mit viel Satire gespickte Operette Humor-, Ironie- und Erotik-freien Schlagern und Märchen. Als sie in den 1950er-Jahren dann eine Renaissance erlebt, wurde die „Csárdásfürstin“ in einer Heimatfilm-Romantik verklärt und verlor damit an Tiefe.

Emmerich Kálmán komponierte – vor allem in seiner Studienzeit – mit Vorliebe in eher zweifelhaften Etablissements, kannte also die flüchtigen, illusionären Freuden der Varietéwelt und ihren Reiz sehr gut: „In diesem Milieu fallen mir die besten Melodien ein! Jeder braucht eben ein Stimulans.“ Das Nebeneinander von dem illusionären Reiz der Halbwelt, der einen die Lebenswirklichkeit vergessen lässt und der Bewältigung des Lebens und seiner Realitäten war Kálmán durchaus ein Begriff. Umso mehr konnte er sich in seine Figuren hineinfühlen.

Ursprünglich sollte die Operette unter dem Titel „Es lebe die Liebe“ am Johann-Strauß-Theater Wien uraufgeführt werden, doch mit Ausbruch des Ersten Weltkrieges wurde die Premiere verschoben. Im Krieg, ein Jahr später, gelangte „Die Csárdásfürstin“ auf die Bühne. Der beängstigende Einbruch der Realität liegt über diesem Werk und all seinen Figuren. Im berühmten Terzett „Jaj mamám“ heißt es mit fatalistischem Trotz: „Weißt du, wie lange noch der Globus sich dreht, ob es morgen nicht schon zu spät!“ – Frei nach dem Motto „Carpe diem, nutze den Tag!“ leben hier alle Menschen und wissen doch um den drohenden Absturz in einer lieblosen Gesellschaft, mit der es jeden Tag vorbei sein kann.

Mit viel Liebe zum Detail inszeniert Dominik Wilgenbus diesen Tanz auf dem Vulkan in einer Welt, in der niemand weiß, „ob es morgen nicht schon zu spät“ ist, in Peter Engels kraftvollem Bühnenbild und Uschi Haugs fantasievollen, vom Varieté inspirierten Kostümen.

Dr. Bernhard F. Loges, Musiktheaterdramaturg


„Die Csárdásfürstin“
Operette in drei Akten von Emmerich Kálmán
Text von Leo Stein und Bela Jenbach

Musikalische Leitung: Kens Lui
Regie: Dominik Wilgenbus
Choreographie: Tamás Mester
Bühne: Peter Engel • Kostüme: Uschi Haug
Chor: Roman David Rothenaicher • Dramaturgie: Bernhard F. Loges
mit: Elke Büchner, Hannah Gries, Dara Hobbs, Emma McNairy, Monika Reinhard; Garrett Evers, Tobias Glagau, Matthias Herold, Mark Hightower, Johannes Mooser, Steffen Köllner, Tomasz Wija
Chor des Staatstheaters Meiningen
Ballett des Landestheaters Eisenach
Es spielt die Meininger Hofkapelle

Premiere: FR, 05.12.2025, 19.30 Uhr – Großes Haus
weitere Termine: 07.12., 14.12., 19.12. 31.12.2025, 10.01., 20.01., 21.01., 21.03., 29.05., 02.07.2026
Matinee: SO, 23.11.2025, 11.15 Uhr – Foyer Großes Haus, Eintritt frei

 

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