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Es war Sommer. Und weil es Sommer war, war es warm__P 24.05.2025 | Noemi Clerc

Es war Sommer. Und weil es Sommer war, war es warm.

von Maria Milisavljević
Uraufführung / Auftragswerk


Nach „Alte Sorgen“ nimmt Maria Milisavljević in ihrem, für das Staatstheater Meiningen als Auftragswerk entstehenden Text, nun das Schicksal der vielen von Wohnungs- oder Obdachlosigkeit Betroffenen in den Blick. Sie schildert auf eindringliche Weise, was es bedeutet, für die Gesellschaft „unsichtbar“ zu sein. Eine Frau sitzt mit einem Kaktus in einer Wohnung im Osten Berlins. In dieser Wohnung hat sie ihr ganzes Leben verbracht, den Fall der Mauer erlebt, ihre Tochter großgezogen. Diese ist bereits verstorben und die Wiedervereinigung liegt vierunddreißig Jahre zurück, die Erinnerungen an all das sind zwischen den Wänden jedoch noch lebendig. Nun soll die Wohnung bald auch nur noch Erinnerung sein: Ein Investor hat das Gebäude gekauft, die Frau muss ausziehen. Eine neue Bleibe gibt es nicht, es droht die Wohnungs-, wenn nicht sogar Obdachlosigkeit. Da steht auf einmal eine junge Frau vor ihrer Tür, die für eine reibungslose Räumung sorgen soll. Bei einem Glas Wein kommen sich die beide Frauen näher, und schnell hallen zwischen den Wänden Stimmen aus der Vergangenheit wieder, werden Schicksale anderer Wohnungs- und Obdachlosen hörbar, entspinnen sich aber auch hoffnungsvolle Träume und Möglichkeiten. Mit schimmernder Poesie und großer Empathie für ihre Figuren gibt die Autorin den Menschen eine Stimme, die unter den oft problematischen Wohnverhältnissen leiden, beschreibt ihren emotionalen Verlust und ihren Kampf um Ansehen und Würde.

Regie: Anna Stiepani

Bühne, Kostüme: Thurid Peine

Dramaturgie: Katja Stoppa

Besetzung

(08.10.2025, 19:30)

Angela: Christine Zart

Kati, ihre Tochter, für immer, hier Ende 30: Noemi Clerc

Klaus, ihr Mann, aber nur in längst vergangener Zeit: Paul Maximilian Schulze

Meike: Ulrike Knobloch

Herr Hübsch: Gunnar Blume

Trailer

Video

Pressestimmen

Ein ums andere Mal richtet die Autorin einen Lichtkegel auf moralisch fragwürdige Schmutzecken der Gesellschaft und nimmt dabei gezielt die Perspektive der Betroffenen ein.

Christine Zart spielt Angela als tapfere, aber auch resignierte Frau, die versucht, die Demütigung mit Scherzen für sich ertragbar zu machen: „Alles was es noch zu räumen gibt, bin ich. Traurig, was?“

Regisseurin Anna Stiepani, die schon mehrere Stücke von Maria Milisavljević uraufgeführt hat, findet für diese Einschübe eine Formsprache, die Gefühls- und Gedankenräume weitet. Mehrmals werden die poetischen Zeilen von einer allegorischen Figur, halb Baum, halb ältere Dame (verkörpert von Paul Maximilian Schulze) wiedergegeben. Das sind die starken Momente des Abends; zumal Thurid Peine es auch schafft, die kontrastierenden Erzählebenen in einem Bühnenbild aus sich überlagernden visuellen Schichten einzufangen.

Nachtkritik, Marlene Drexler, 25.05.2025

 

Angela (Christina Zart), die mit hängenden Schultern auf dem Boden ihrer leeren Wohnung hockt, ist nichts geblieben außer Erinnerungen.

Das ist die Geschichte dieser Ostberliner Wohnung. Ein Leben, von dem – außer Erinnerungen – nur ein Kaktus bleibt. Und eine Tochter, die wie eine Fee aus der anderen Welt um Angela schwirrt. Wenn beide darum ringen, sich ihre Erinnerungen nicht zu erzählen, um sich nicht gegenseitig weh zu tun, dann bekommt dieser Text und dieses Spiel eine betroffen machende Tiefe. Freilich kann Christian Zart dieser Angela die Stärke einer Frau geben, die nicht an die Nachwende- sondern die Nachkriegszeit erinnert, als die Frauen alles richten mussten und sich Emotionen nicht leisten konnten, weil es ja doch weiter gehen musste. Eine Stärke, mit der sie schließlich auch die offensichtlich Westberliner Immobilien-Maklerin Meike (Ulrike Knobloch), die plötzlich in der leeren Wohnung steht, auf ihre Seite zieht.

Noemi Clerc flirrt durch das Stück wie der schöne Moment einer Kindheitserinnerung. Sie malt den Sommer, und die Wärme. Malt die Ostsee, und den Sand am Strand.

Freies Wort, Peter Lauterbach, 26.05.2025