Staatstheater Meiningen
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Gespenster__P 23.02.2024 | Alex Kim, Sara-Maria Saalmann, Marianne Saalmann, Chor

Gespenster

Uraufführung/Auftragswerk
Oper in einem Akt von Torstein Aagaard-Nilsen
frei nach Henrik Ibsen, Libretto Malin Kjelsrud

In deutscher Sprache mit deutschen Untertiteln


In Meiningen führte Georg II. Henrik Ibsens "Gespenster" 1886 erstmals mit großem Erfolg öffentlich im deutschsprachigen Raum auf. In skandinavischen Ländern war das Drama Ibsens hingegen lange umstritten, da es Tabuthemen der Zeit in den Fokus rückt.
Helene Alving plagen zehn Jahre nach dem Tod ihres Mannes Erik Erinnerungen an seine Affären und ihre eigene heimliche Liaison. Vor der Gesellschaft und ihrem Sohn Osvald hielten sie das Konstrukt einer scheinbar heilen Welt aufrecht.

Seit 2015 ist Torstein Aagaard-Nilsens Musik in Meininger Konzerten zu hören, 2016 folgte der Auftrag für sein erstes Musiktheater – eine Oper nach Ibsens "Gespenster". Die Librettistin Malin Kjelsrud löst sich dabei deutlich von der Vorlage. Sie lässt die Oper am Tag der Beerdigung Eriks spielen und stellt Narzissmus, Geldgier und ein gestörtes Mutter-Kind-Verhältnis ins Zentrum – Probleme, die das Handeln der Personen in der Jetztzeit begründen. Die dunkel-schaurigen Schattierungen Aagaard-Nilsens atmosphärischer Klangflächen könnten die menschlichen Abgründe und gespenstischen Erinnerungswelten trefflicher nicht abbilden.

 

Mit freundlicher Unterstützung durch den Staat Norwegen

Musikalische Leitung: Philippe Bach

Regie: Ansgar Haag

Bühne: Dieter Richter

Kostüme: Kerstin Jacobssen

Chor: Roman David Rothenaicher

Dramaturgie: Julia Terwald

Besetzung

Helene Alving: Marianne Schechtel

Die junge Helene: Sara-Maria Saalmann

Gabriel Manders: Shin Taniguchi

Erik Alving: Alex Kim

Osvald Alving: Mykhailo Kushlyk

Regine Engstrand: Monika Reinhard

Johanne: Emma McNairy

Jacob Engstrand: Mikko Järviluoto

Osvald als Kind: Kinderstatisterie

Es spielt die: Meininger Hofkapelle


Chor des Staatstheaters Meiningen

Trailer

Audio

Vorspiel (Auszug), dazu Marianne Schechtel als Helene Alving

Instrumental: Quasi Blues

Meininger Hofkapelle, Electronics, Chor, Mykhailo Kushlyk als Osvald Alving und Marianne Schechtel als Helene

Meininger Hofkapelle und Emma McNairy als Johanne

Pressestimmen

Marianne Schechtel in der Rolle der monströsen Mutter Helene Alving wird mit schicksalhaft angelegten Tieftönen alles an sicherer Intonation abverlangt, was ihr dramatischer Sopran an Grundierung bietet. Ihr gelingt es!

Mykhailo Kushlyk als ihr Sohn Osvald kann ihr dank einer vorgegaukelten Todeskrankheit mit seinem verklärenden lyrischen Tenor die Tabletten für den vermeintlichen gemeinsamen Selbstmord zu schlucken geben, bei dem, hört, hört, auch ein Tristan-motiv durchklingt.

Monika Reinhards mitreißender Koloratursopran steigt bis zur Tonhöhe von Mozarts Königin der Nacht auf […].

Philippe Bach ließ dem mäandernden Klangfluss freien Lauf bei sehr exakter Einsatzgebung.

Frankfurter Allgemeine, Achim Heidenreich, 29.02.2024

 

Das Ensemble des Meininger Staatstheaters wird angeführt von Marianne Schechtel als verwitwete Helene, an ihrer Seite die junge Helene von Sara-Maria Saalmann.

Berührend ist Monika Reinhard, die als Regine ihrer Verzweiflung mit glasklaren Koloraturen Ausdruck verleiht. Alex Kim ist ein frustrierter Vater mit sicherer Höhe und Mykhailo Kushlyk gibt stimmlich überzeugend den taumelnden Sohn Osvald.

Beim Dirigenten Philippe Bach sind sie alle in sicheren Händen, er fächert mit der Meininger Hofkapelle die Farben der Partitur transparent auf, ohne die Sänger zu bedrängen. Nach der Pause gewinnt die Komposition an dramatischer Wucht, so dass der Jubel des Meininger Uraufführungspublikums für dieses Psychodrama ungeteilt war.

MDR Klassik, Uwe Friedrich, 26.02.2024


Der Norweger Torstein Aagaard-Nilsen (Jahrgang 1964) – bekannt in Meiningen durch die Konzertwerke „Reverie“ und „Boreas Blows“ – veroperte 40 Jahre nach Antonio Bibalo erneut Henrik Ibsens Schauspiel „Gespenster“. Seine erste Opernpartitur wirkt sorgfältig gestaltet vom ersten bis zum letzten Takt. […] Auf dramatisches Dynamit reagiert die Musik mit gläserner Transparenz und gedämpften Farben. Die Meininger Hofkapelle bleibt präsent auch in der Zurückhaltung.

Concerti, Roland H. Dippel, 23.2.2024


Die Freunde der Oper erlebten jedenfalls einen überzeugenden Beleg dafür, dass die Gattung ziemlich lebendig und keineswegs nur noch eine Angelegenheit für Spezialisten ist. Das Genre kann nach wie vor an Bekanntes anknüpften und überraschen, Vergangenheit mit Gegenwart konfrontieren, sich ins Ohr einschmeicheln und ergreifen, ohne sich mit seichter Harmlosigkeit anzubiedern. Wenn sie es kann. Die Musik des Norwegers [Aagaard-Nilsens] kann das.

Hinzu kommt, dass der Komponist geradezu mustergültig auf glasklare Wortverständlichkeit (des zugegeben reichlichen Textes) und das vokale Potential des exzellenten Hausensembles setzt. Herausgekommen ist ein maßgeschneidertes Sängerfest, wie man es ganz selten erlebt! Daran hat auch der von Roman David Rothenaicher einstudierte Chor seinen Anteil.

nmz, Joachim Lange, 24.02.2024


Die Musik bietet skandinavisches Flair – ohne, dass sie gleich zur Untermalung von Fjordkreuzfahrten durch Postkartenlandschaften würde. Suggestiv und flächig weit ist sie. Aber sie verliert nie aus den Augen, dass es um zerklüftete innere Landschaften geht, um zerrüttete Verhältnisse, um Lug und Trug, um ein falsches Leben im Schein einer mühsam aufrecht erhaltenen Fassade.

Helene Alving (mit souveräner Präsenz: Marianne Schechtel), ihre unerfüllte Ehe mit dem verstorbenen Erik (jugendlich auftrumpfend: Alex Kim) und ihre Beziehung zu ihrem Sohn Osvald (Mykhailo Kushlyk) werden sowohl als Rückblende als auch in der Gegenwart gespielt.

Hier ist ein Ensemble beisammen, dass auch bei Uraufführung mit einem durchweg exzellenten Niveau zu glänzen vermag. Das gilt genauso für den Roman David Rothenaicher einstudierte Chor. Dass die Hofkapelle unter der sensibel umsichtigen Leitung von Philippe Bach mit der nie verstörenden, aber originellen, suggestiv innere Räume und weite Landschaften öffnenden Musik prunken kann, war für die Meininger nicht unerwartet – Konzerterfolge mit eigenen Kompositionen waren ein Anlass für den Auftrag zu dieser Oper, die wohl nicht Aagaard-Nilsens letzte bleiben dürfte.

Freies Wort, Roberto Becker, 25.02.2024


Philippe Bach dirigierte die Auftragskomposition mit hoher Sensibilität, Intendant a. D. Ansgar Haag führte Regie mit Blick auf das Wesentliche.

[…] Prüderie- und Reue-Stromstöße zeigt [Marianne Schechtel] mit exzellentem Gesang.

[…] vulkanische Energie artikuliert Sara-Maria Saalmann als junge Helene.

Shin Taniguchis konturierter Bariton und starke Persönlichkeit geben dem Pastor Manders eine imposante Autorität.

Glasklar in Koloratur, Ausdruck und Intensität gelingt Monika Reinhard als Regine Engstrand eine Leistung von prächtiger Sauberkeit und hoher innerer Kraft.

Alex Kim gibt einen auch tenoral einnehmenden und moralisch gereinigten Vater Erik Alving.

Der ukrainische Tenor Mykhailo Kushlyk verdeutlicht mit lyrischer Expression und Weichheit die Flucht Osvald Alvings aus den Mutterfittichen heraus und wieder zurück.

Im noblen Hintergrund hielt sich der Chor in Roman David Rothenaichers Einstudierung auf hohem Niveau.

Die Deutsche Bühne, Roland H. Dippel, 24.02.2024


Die Freunde der Oper erlebten jedenfalls einen überzeugenden Beleg dafür, dass die Gattung ziemlich lebendig und keineswegs nur noch eine Angelegenheit für Spezialisten ist. Das Genre kann nach wie vor an Bekanntes anknüpften und überraschen, Vergangenheit mit Gegenwart konfrontieren, sich ins Ohr einschmeicheln und ergreifen, ohne sich mit seichter Harmlosigkeit anzubiedern. Wenn sie es kann. Die Musik des Norwegers [Aagaard-Nilsens] kann das

nmz, Joachim Lange, 24.02.2024


Die volle Aufmerksamkeit hat ohne Frage die Musik. So viel Spannung, so viele Klangbilder, so viele instrumentale und vokale Überraschungen bewirken einen ungeheuren Drive und schaffen neue Klanglandschaften. (...) Es ist kaum zu glauben, dass dies Torstein Aaagaard-Nilsens erste Oper ist. Mit sehr viel Einfühlungsvermögen wählt er für das Geschehen der einzelnen Episoden ein eigenes Genre und charakteristische Motive, bzw. instrumentale Besonderheiten für jede Person. (...) Das kongeniale Dirigat Philippe Bachs zelebriert mit der großartigen Meininger Hofkapelle diese virtuose Oper, die Regisseur Ansgar Haag aus der Taufe gehoben hat. (...) Last but not least gilt ein großes Kompliment der Kostümbildnerin Kerstin Jacobssen. Sie ist berühmt für ihre detailreichen Entwürfe voller origineller Zeitbezüge.

Marianne Schechtel in gewohnt exzellenter Formsteigert die Rolle der älteren Helene kontinuierlich vom Marionettenhaften zum Expressiven meisterhaft und stimmig. Mit starrer Mimik, teuflischem Blick und verkniffenem Mund gibt sie sich als perfektes Gruselmonster.

Sara-Maria Saalmann hat es als junge Helene schon leichter und muss sich nicht ganz so zurücknehmen und ihre wunderschöne Stimme verstecken. Auch sie unterwirft sich der Tragik der Ereignisse, mit Enttäuschung, Schwermut und Flucht in ihr Muttersein.

Alex Kim wirkt als Erik recht abgeklärt und rührt trotzdem mit seiner innig vorgetragenen Enttäuschung. Er wie alle anderen Sänger sind stimmlich hervorragend und in Mimik und Gestik rollenkonform.

Shin Taniguchi ist die perfekte Besetzung für diesen selbstgerechten und feigen Pastor Manders und glänzt in dieser recht anspruchsvollen Rolle.

Monika Reinhard als Regine, Dienstmädchen und Freundin Osvalds, verkörpert wunderbar diese temperamentvollere Figur. Glockenhell, rein und selbstbewusst gibt sie den Takt vor.

Der ukrainische lyrische Tenor Mykhailo Kushlyk entwickelt sich unter den Fittichen Regines vom weichen Muttersöhnchen zum Mann. Auch er ist ein Gewinn für das Ensemble.

Unter der Leitung von Roman David Rothenaicher ist der Chor, gesanglich und darstellerisch auf hohem Niveau, eine tragende Größe des Theaters.

Der Opernfreund, Inge Kutsche, 26.02.2024

 

Das Team um Regisseur Haag, Bühnenbildner Richter und Kostümbildnerin Kerstin Jacobssen hat eine hochkonzentrierte Fassung des Stoffes auf die Bühne gebracht.

Die Lichtregie von Rolf Schreiber setzt klare, unerbittliche Akzente und lässt das alles überragende Bild Friedrichs im Hintergrund von schaurig blaugrün bis zu blass-rosa erglühen und die Geschehnisse kommentieren.

Die Musik in Aagaard-Nilsens erster Oper fasziniert vom ersten Takt an.

Das Stück lebt von der ungemein präsenten und schauspielerisch wie gesanglich überragenden Marianne Schechtel als alte Helene. Mit kräftigem und immer mit vollem Körper gesungenem Ton schafft es die Mezzosopranistin, alle Nuancen der schwierigen Partie scheinbar mühelos auszuloten.

Ihr zur Seite steht die Figur der jungen Helene, verkörpert durch Sara Maria Saalmann, die mit ausdrucksstarkem, intensivem lyrischem Sopran das Gefühlskarussell, dem sie ausgesetzt ist, greifbar macht.

Shin Taniguchi als Pastor Manders lässt wieder einmal gesanglich und schauspielerisch keine Wünsche offen. Er ist in jeder Hinsicht voll in seiner Rolle und veredelt mit seinem noblen Ton sowohl weiche, lyrische als auch intrigante Szenen.

O-Ton, Jutta Schwegler, 05.03.2024

 

Marianne Schechtel als alte Frau Alving und Sara-Maria Saalmann als ihr jüngeres Selbst erweisen sich ideal besetzt, gerade bei den vokalen Begegnungen: Da umgarnen sich warme, verlorene Sehnsüchteleien und quirlig nervöse Klangzacken.

Exzellent auch die weitere Besetzung, vor allem der sinistre Pfarrer Manders (Shin Taniguchi), Osvalds leiblicher Vater!

Opernwelt, Jörn Florian Fuchs, 28.03.2024